Wie man sich einen passenden Sattel kauft

ohne sich nervlich und finanziell zu ruinieren

Jeder wünscht sich und seinem Pferd einen wirklich passenden, bequemen Sattel, der von guter Qualität ist, und einen nicht ins Armenhaus bringt.

Oft hat man schon ein kleines Vermögen auf der Sattelodyssee ausgegeben-ohne das entsprechene Resultat.

Der Weg zu einem passenden, bezahlbaren Sattel ist mit 3 Hindernissen gepflastert:

1. Unübersichtlichkeit: es gibt so viele Sättel zu kaufen..online und offline.. doch welcher ist der Richtige?

2. Mangel an Fachwissen: kann man die Passform nicht selbst beurteilen, ist man Hindernis 3. hilflos ausgeliefert.. nämlich..

3. Experten: Experten kommen in zwei Formen daher.
Zum einen Gewerbetreibende, also Sattler, Sattelverkäufer etc. zum anderen universalkompetente Menschen wie Reitlehrer, Osteopathen, Stallkollegen und so weiter und so fort.

Natürlich gibt es rechtschaffene und kompetente Personen unter den Profis, generell sollte man sich aber klar darüber sein, dass der Fachmensch, der mich berät auch der Unternehmer ist, der an mir verdient.

Was die selbsternannten Experten angeht, so haben diese oft nur Inselwissen und Vorurteile und machen die Verwirrung in der Regel nur noch größer. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

Was also tun?

Sattelbeurteilung ist keine Rocket Science, sondern folgt den Gesetzen der Logik.
Wir arbeiten hier die Kriterien zur Passformkontrolle systematisch ab und
am Ende verfügen Sie über das erforderliche Fachwissen, um Sättel beurteilen und eigeneEntscheidungen treffen zu können.

Kleine Materialkunde Sattelbäume

Sattelbäume bestehen entweder als Kunststoff ohne ein Kopfeisen z B. ältere Kieffer ohne “Exclusiv-Baum” und Prestige. Diese Sättel müssen zum Verstellen erwärmt werden, was vor Ort nicht machbar ist.

Kunststoff mit Kopfeisen , zB neue Kieffer, Kentaur. Auch alle Sattelmodelle mit Wechselkopfeisen, wie Wintec oder Tekna haben Kunststoffbäume.

Holzstahlfederbäume sind der Klassiker und in den meisten Sätteln verbaut. Sie sind 1, 2 Kammerweiten kalt verstellbar. Kaltverstellen geht vor Ort. Das Kopfeisen wird dabei mit einer Presse auf- oder zugebogen.

Polstermaterial

Wir verwenden die traditionelle Schafwolle, da unserer Ansicht nach sich diese besser formen lässt als Kunstfasern.

Kapok ist ein Naturmaterial mit langer Lebensdauer, wasserabweisend und das Material, mit dem wir unsere Sättel polstern.

In den meisten Sätteln sind Kunstfasern verbaut, in unterschiedlichen Gemischen mit Silikon/Polyester.

Was ist mit Kunststoffsätteln? Alles Mist?

Nein, keineswegs. Wie jeder Sattel müssen sie nur aufs richtige Pferd. Ein Wintec gehört nicht auf ein kurzes, dickes Pony, sondern auf ein langes, gerades und gut bemuskeltes Pferd. Ein Produkt kann nichts für Anwenderfehler.

Gute Kunststoffsättel für Reitschulen sind in meiner Meinung nach Teknasättel. Kürzer als Wintec und die Kissenform passt besser auf rundrippige Pferde.

Passform

Ein Sattel ist die Kupplung zwischen dem vertikalen Reiter und dem horizontalen Pferd.

Es solche muss er logischerweise an der Unterseite das Pferd abbilden und an der Oberseite den Reiterpo. Abbilden bedeuten in diesem Zusammenhang: der Sattel ist an allen Stellen (!) parallel zum Pferd.

Konkret heißt das: das Kopfeisen ist parallel zur Schulter, die Kissen sind parallel zum Pferderücken- und zwar über die gesamt Länge seiner Auflagefläche. Ein passender Sattel bildet weder eine Brücke noch eine Wippe.

Relevant für die richtige Passform sind die Länge, der Schwung, die Kammerweite und die Gurtung für das Pferd. Für den Reiter die Sitzgröße, die Pauschen und die Krümmung der Sitzfläche.

Fangen wir mit dem Einfachsten an, der Länge:

Länge:

Der Pferderücken ist belastbar ist zum Ende der letzten Rippe. Um diese zu ertasten, machen Sie ihre Hand ganz leicht und streichen am Pferdekörper entlang, von hinten nach vorn. In der Lende spüren Sie die inneren Organe, streichen Sie weiter nach vorne, bis Sie an die Kante des Kippenkastens stoßen. Gehen Sie an der letzten Rippe hoch. Bis dorthin darf ein Sattel aufliegen. Bei einigen Westernsätteln liegt manchmal das Leder hinter der letzten Rippe, niemals aber der Baum.

Die Ortweite.

Das Wort “Ortweite “ bezeichnet den Abstand zwischen den Enden des Kopfeisens. “Kammerweite” hingegen ist eigentlich der Abstand der Kissen.

Korrekterweise liegt ein englischer Sattel hinter dem Schulterblattknorpel und nie auf der Schulter. Sie könnten den Schulterblattknorpel leicht ertasten. Der sog. Sattelnagel muss hinter der Schulter liegen.

Ein passend eingestelltes Kopfeisen ist immer parallel zum Pferd- hinter dem Schulterblattknorpel. Ein fachgerechtes Polster ist so weich, dass es der Schulter erlaubt, unter dem Sattel her zu rotieren.

Die Parallelität des Kopfeisens zu beurteilen erfordert einige Ubung. Wenn man sich unsicher ist, hilft ein Blick von der Seite:

Zu eng:

Ein zu enger Sattel ist vorne höher als hinten. Die Sitzfläche fällt nach hinten ab, und man sitzt hinter dem Schwerpunkt, die Beine flutschen nach vorne in einen Stuhlsitz.

Das ein zu enger Sattel dem Pferd massive Schmerzen zufügt, versteht sich von selbst.

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Zu weit:

Ein zu weiter Sattel ist für das Pferd genau so unangenehm, wie ein zu enger Sattel.

Ist das Kopfeisen zu weit gewinkelt, kippt der Sattel nach vorne auf die Schulter und übt dort massiven Druck aus. Das hintere Ende schwebt in der Luft.

Beim Reiten wippt der Sattel auf und ab, der Reiten fällt nach vorne, was zu noch mehr Druck auf den Trapezmuskel führt.

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Von der Seite erkennt man ein zu weites Kopfeisen daran, dass der Vorderzwiesel tiefer ist als das Efter, und die Gurtstrupfen nach hinten zeigen anstatt in die Gurtlage.

Sättel, die sehr viel zu weit sind, rutschen bei dicken Pferden auf die Schulter, bei schlanken Pferden nach hinten.

Sehr beliebt und dennoch sinnlos ist es, die korrekte Ortweite durch Durchziehen der Hand unter dem Sattelkissen ermitteln zu wollen.

Ein zu weiter Sattel drückt so stark auf den Trapezmuskel, dass man oft mit der Hand gar nicht mehr darunter herkommt.

Gerne werden diese Sättel dann noch MEHR geweitet…was nicht zum Ziel führt. Abhilfe schafft nur, die korrekte, parallele Einstellung des Kopfeisens.

Es gibt günstige Hilfsmittel, wie Widerristmesser aus Holz und Metall, die Wintecschablone oder digitale Winkelmesser aus dem Baumarkt, die einen bei Sehen-Uben unterstützen können.

Am billigsten ist ein flexibles Lineal.

Brücke

Ein Sattel, der nur vorne und hinten aufliegt, nicht aber in der Mitte, bildet eine sog. Brücke.

Deutlich sichtbare Brücken bedeuten, dass der Baum für dieses Pferd zu gerade ist, häufig in der Kombination mit zu “ zu lang”.

Manipulationen am Polster sind sinnlos, dieser Sattel ist ungeeignet.

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Es ist schwierig eine Brückenbildung zu fotographieren, da das Sattelblatt im Weg ist. Ein erster Hinweis auf Brückenbildung sind Kissen, die sich in die Lende “bohren”.

Tasten Sie vorsichtig den Rand den Kissens unter dem Blatt ab, ohne den Sattel dabei anzuheben. Sie können auch einen Stift zur Hilfe nehmen, ziehen Sie ihn langsam unter dem Kissen durch.

Wippe

Ein zu stark gekrümmter Baum bildet auf dem Pferd eine “Wippe”. Die “Wippe” ist am schwierigsten zu erkennen.

Haben die Kissen–bei passender Ortweite- hinten keinen Kontakt zum Rücken, dann ist dieser Sattel ungeeignet.

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Baum ist zu steil gewinkelt

Wie oben schon beschrieben, muss der Sattel an allen Stellen parallel zum Pferd sein. Das bedeutet, dass ein Pferd mit einem flachen Rippenbogen einen anderen Baum benötigt, als ein rundrippiges, kräftiges Pferd.

Schauen Sie sich die Kissen von hinten an. Liegen sie gleichmäßig auf dem Pferd?

Beim zu steilen Baum haben die Kissen nur an der äußeren Kante Kontakt zum Pferd- bei zu flachen Baum nur mit der Inneren.

Letzeres tritt in meiner Erfahrung oft bei Wintecsätteln auf, in den kleinen Kopfeisengrößen. Die Kammer passt dann zwar, aber die Kissen stehen in der Mitte ab, wie kleine Flügel.

Eine gedachte Mittellinie durch das Kissen, soll genau so gewinkelt sein, wie der Rücken, nicht steiler und nicht flacher. (Nicht mit der Naht verwechseln)

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Es ist sinnlos und unfachlich, an schlecht ausgewählten Sätteln zu manipulieren. Es schadet

den Pferden, verbrennt das Geld der Besitzer und unterminiert deren Vertrauen. Natürlich wird es trotzdem ständig getan.

Abwehrverhalten beim Satteln

Tritt Ihr Pferd zur Seite und versucht dem Sattel auszuweichen?

Schlägt es mit dem Schweif ? Kräuseln sich die Nüstern oder hat es eine kleine”Sorgenfalten” über den Augen?

Nehmen Sie diese Anzeichen ernst. Lassen Sie es nicht so weit kommen, dass es sich gezwungen sieht, zu beißen und zu treten.

Ein Pferd hat das Recht, sich gegen Schmerz zur Wehr zu setzen.

Strafen Sie das Pferd nicht, auch nicht mit dem beliebten Ruck am Halfter. Ignorieren Sie dieses Verhalten nicht und handeln Sie entsprechend.

“Das macht der immer!” ist des Reiters liebste Ausrede und bedeutet im Klartext: “ Ich will mich damit nicht auseinandersetzen- der Gaul soll sich mal nicht so haben-!”

Magen

Bei dem oben beschriebenen Verhalten sollten Sie unbedingt auch den Magen als Ursache in Betracht ziehen. Ist Ihr Pferd in der Gurtlage empfindlich? Reagiert es, wenn man das Brustbein berührt?

Häufiges Gähnen, Flehmen, Leerkauen sind weitere Hinweise auf den Magen als Ursache.

Magenprobleme könnten durch unpassende Sättel ausgelöst werden- oder auch völlig unabhängig vom Sattel auftreten und verschwinden in der Regel nicht von selbst.

Auch eine schlechte Oberlinie wird mit Magenproblemen in Verbindung gebracht.

Der Rücken im Stand und in der Bewegung

Steht das Pferd enspannt am Anbinder, ist die Muskelspannung am geringsten.

Sind die Bauchmuskeln jedoch nicht angespannt, dann hat auch ein gut bemuskeltes Pferd mehr “Schwung im Rücken”, als in der Bewegung.

Der Rücken ist also in Bewegung gerader!

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Das selbe Pferd. Der Rücken hat sich schon gestrafft- nur durch herumführen im Schritt.

Es sollte daher klar sein, das im Stand immer nur eine Vorauswahl getroffen werden kann. Die Ortweite und die Länge sind natürlich davon nicht betroffen.

Trotzdem ist es sehr wichtig, die Sättel in der Bewegung zu sehen. Sollte ein Probereiten nicht möglich sein, muss zumindest das Pferd mit dem Testsattel an der Longe gesehen werden.

Messmethoden

Messmethoden, die darauf abzielen, den Sattel nur im Stand zu überprüfen sind also ungeeignet.

Ein Messgitter kann bestenfalls Anhaltpunkte liefern, verlassen Sie sich nicht darauf. Besser ist, an der eigenen Blickschulung zu arbeiten.

Das Impressionpad “misst” die Passform in der Bewegung, genau wie aufwendigere, computergestütze Messysteme.

Allerdings messen diese eben auch die Einwirkung des Reiters. Wenn der schief ist/sitzt, dann wird das Messergebnis dadurch verfälscht.

Sattel vor dem Kauf auf Mängel prüfen

Das wichtigste Kriterium für einen intakten Sattel ist der Baum. Ist dieser verzogen oder gebrochen, ist der Sattel ein Totalschaden.

Einen gebrochenen Baum können Sie recht leicht erkennen:

Nehmen Sie den Vorderzwiesel in beide Hände und pressen den Hinterzwiesel mit Kraft gegen Ihren Körper. Gibt der Baum deutlich nach, kann man davon ausgehen, dass der er hinüber ist.

Probieren Sie das vor dem Kauf einmal mit verschiedenen Sättel von Freunden oder Stallkollegen aus.

Ein gebrochener Baum gibt so deutlich nach, dass da keine Zweifel bleiben.

Einen verzogenen Baum erkennen